Kreatives Schreiben

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Referent: Martin Rück

Freies, fiktives und autobiografisches Schreiben
Ich erinnere mich. Ich habe was zu erzählen. Ich kann Licht in die Vergangenheit bringen.
Ich bin ein Teil der Geschichte. Meiner Familie, meines Dorfes , meiner Stadt, meines Vereines, meiner Partei, Firma …
Ich war dabei, als wir unsere Erfolge gefeiert haben, wir gescheitert sind, uns aufgerichtet haben weiter einen Schritt nach dem anderen auf unser Ziel zugegangen sind.

Wir alle tragen Geschichten mit uns herum, haben die Fähigkeit davon zu berichten, in dieser Welt voller Ereignisse zu begeistern und Stellung zu beziehen.

In dieser Gruppe werden wir, immer wieder, ein inneres oder äußeres Thema finden. Wir werden darüber schreiben. In dieser Gruppe werden wir, die Texte vorlesen, ihnen zuhören, sie besprechen, loben und die unterschiedlichen Ebenen der Kritik kennenlernen.

Ein Beispiel:

Er wird vor dem Spiegel gestanden sein und die fehlerhafte Naht, einen dünnen Faden einer imaginären Schlangenlinie folgend, unsauber verarbeitet und an manchen Stellen gerissen, betrachtet haben. Die Naht sollte die beiden Stoffhälften zusammenführen. Aus einem rechten und einem linken Ärmel ein zusammenhängendes Kleidungsstück, sein Jackett machen.
Im Hintergrund spiegeln sich das Salzfass und die runde Wanduhr der Großmutter. Selbstverständlich stehen der Tisch und der Lehnstuhl im Weg.
Es hätte nicht viel gefehlt und er wäre gestolpert. Hätte sich umgedreht und wäre über die Armlehne, der Knauf hätte seine Hoden gequetscht, entsetzt über den plötzlichen Schmerz, schreiend, wäre er, die Hände schützend vor den Penis gehalten, zweifellos schlimm gefallen. Er hätte sich den Fuß verdreht, ein oder mehrere Bänder gezerrt, ungeschickt auf die Knie gefallen und der Unterkiefer wäre bei der Zusammenkunft mit der Armlehne, zumindest, angebrochen. Wäre da nicht der kurze Moment knappen Rückblicks gewesen. In den Spiegel. In dem sein Spiegelbild sich umwendet, ihm zudreht. Die unsaubere Naht verschwindet endlich dahin, wo sie hingehört, auf den Rücken, längs der Wirbelsäule, meistens.
Sein Spiegelbild sieht sich, eine minimale Bewegung, um. Sieht ihm ins Gesicht, in die Augen und rastet ein, synchronisiert sich mit dem zu spiegelnden.
Der Stuhl fällt jetzt. Er nimmt die Hände vom Körper, rechtzeitig genug um die Stuhllehne zu greifen. Er zieht das Jackett aus und setzt sich, schlägt die Beine übereinander und beobachtet im Spiegel, wie er sorgfältig die schadhafte Naht auftrennt.
© Hermann Frank

 

Donnerstags, 19 – 21 Uhr
Kursgebühren: 35 Euro monatlich.

Der Kurs ist fortlaufend.

Wenn Sie Interesse haben können Sie gerne den Kurs besuchen, sollte sich aber zuvor mit dem Referenten in Verbindung setzen.

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Martin Rück
Hat während andere Kinder mit ihren Vätern, Schwimmen waren, Fahrrad gefahren sind oder Fußball gespielt haben, zugehört, wie Koyoten, Hasen und Anderen die Kunst erklärt wurde. Er hat Musikern zugesehen, die ihre Instrumente mit Altmetall füllten. Die Hammer und Meißel statt Bögen, Stöcken oder Finger benutzten.
Der unweigerlich lyrischen Pubertät folgten das automatische Schreiben, die Performance, Videoprojekte, ein Theaterstück und immer wieder Dada.
Martin Rück ist ausgebildet in Zeichnung, Malerei und Computergrafik.
Nach einem Schlaganfall steht das Schreiben heute im Zentrum seines Schaffens.